Der orthodoxe Kirchenraum
Alle orthodoxen Kirchen sind Richtung Osten ausgerichtet und im Wesentlichen gleich - nämlich vierteilig - aufgebaut. Diese vier Teile sind der Vorraum (Narthex) im Westen, daran östlich anschließend der Kirchenraum bzw. das Kirchenschiff (Naos), der von der Bilderwand (Ikonostase) im Osten begrenzt wird, während sich hinter der Bilderwand - und gleichzeitig am östlichsten Ende des Gotteshauses - das eigentliche Heiligtum (der Altarraum/das Hieron) befindet.
An den Vorraum (Narthex) kann im Westen ein Vorbau bzw. eine Vorhalle (Exonarthex ) als westlichstes Architekturelement angeschlossen sein.
Die Symbolik des Kirchenraumes erschließt sich dem Betrachter auf folgende Weise: er durchschreitet, von Westen in das Gotteshaus eintretend, das Gebiet der Finsternis, d. h. des Sonnenunterganges, in Form des Exonarthex und des Narthex, er betritt den mittleren Bereich des Gotteshauses, d. h. den Naos, der die Erde symbolisiert, und blickt auf die Bilderwand (Ikonostase), die in ihrer Mitte die Königstüre aufweist, die als Tür zum Paradies fungiert. Dahinter befindet sich im übertragenen Sinne das Paradies, der Altarraum, der vom Licht aus dem Osten erhellt wird.
In der heutigen liturgischen Praxis erfüllt der Exonarthex, sofern er vorhanden ist, die Funktion eines Versammlungsortes für die Gläubigen und dient zum Schutz vor Hitze oder Kälte. Der Narthex war während des Gottesdienstes ursprünglich als Aufenthaltsort für diejenigen bestimmt, die sich auf die Taufe vorbereiteten oder die Buße zu tun hatten und daher von der Kommunion ausgeschlossen waren. Deswegen ist dieser Bereich oft mit einem Taufbecken versehen. Die heutige Funktion des Narthex liegt darin, Treffpunkt für die Gläubigen und Verkaufsort kirchlicher Gegenstände (z. B. von Kerzen) zu sein.
Der Naos war ursprünglich für die getauften Gläubigen bestimmt, wo sie sich im Zuge des Gottesdienstes aufhielten. Er ist gleichsam der Bereich der Menschen, während der Altarraum der Bereich Gottes ist.
In der heutigen Praxis sind die Übergänge zwischen Exonarthex, Narthex und Naos oftmals fließend, da sich in allen drei Bereichen sowohl Getaufte als auch Ungetaufte aufhalten und mischen.
Der Naos wird vom Altarraum durch die Bilderwand getrennt. Allerdings ist sie nicht als "Mauer" zu verstehen, sondern vielmehr als Bindeglied zwischen der sichtbaren und der unsichtbaren Welt. Sie ist mit ihren Heiligenbildern (Ikonen) den Betenden zugewandt. Somit stehen die Gläubigen im Angesicht der Himmelsbewohner. In der Mitte der Bilderwand befindet sich die bereits erwähnte Königstüre, die so genannt wird, weil der Herr Jesus Christus selbst in Gestalt der Heiligen Gaben (Kommunion) durch sie schreitet.
Die Ikonostase wird baulich dadurch hervorgehoben, daß sie erhöht ist (d. h. auf einer oder mehreren Stufen steht). Dies trifft auch auf den Bischofsthron und auf den Platz für die Chöre zu, die sich vor der Ikonostase befinden. Üblicherweise gibt es je einen Chor an der Nord- und an der Südmauer, die frontal zueinander sehen.
Der Altarraum ist als heiliger Ort der wichtigste Teil des Gotteshauses. Er symbolisiert den Himmel und stellt eine direkte Verbindung der irdischen Kirche mit der himmlischen Kirche her.
Im Zentrum des Altarraumes befindet sich der Altartisch. Die Ost-Wand des Gotteshauses bildet die sogenannte Apsis, die meistens im Halbkreis erbaut ist und in der Regel drei Fenster hat, was auf die Heilige Dreifaltigkeit (Gott Vater, Gott Sohn, Heiliger Geist) hindeutet.
Der Altartisch ist der heiligste Bereich des Gotteshauses. Im nördlichen Teil des Altarraumes liegt der Rüsttisch (Prothesis), wo die Gaben für den Gottesdienst vorbereitet werden. Im südlichen Bereich liegt die Sakristei (Diakonikon), in der man liturgische (gottesdienstliche) Gefäße und Gewänder aufbewahrt.
Der Altarraum darf in der Regel nur von Geweihten (z. B. Priestern, Diakonen, etc.) betreten werden. Prinzipiell ist der Zugang zu diesem Bereich allen Laien - sowohl Männern als auch Frauen - untersagt. Nur im Zuge bestimmter Arbeiten (z. B. der Reinigung) werden Ausnahmen zugunsten männlicher Laien gemacht.
Normalerweise gibt es in orthodoxen Gotteshäusern keine Sitzgelegenheiten. Die einzigen Ausnahmen bilden der Bischofsthron, der üblicherweise an die rechte (südliche) Wand des Naos angelehnt ist, und ebenfalls ein an die Wände des Naos montiertes Kirchengestühl, das für alte und gebrechliche Menschen vorgesehen ist.