Die Metropolis von Austria, vertreten durch ihren Metropoliten als Vorsitzenden der Orthodoxen Bischofskonferenz in Österreich, erlaubt sich, zur geplanten Novellierung des ORF-Gesetzes folgende Stellungnahme abzugeben:
Das Bundeskanzleramt hat am Dienstag, dem 25. April 2014, die Mitglieder des ORF-Publikumsrates bekanntgegeben. Dementsprechend werden laut geltendem ORF-Gesetz auch für die kommende Periode von vier Jahren je ein Vertreter der katholischen sowie der evangelischen Kirche dem Gremium angehören.
Eine der wichtigsten Entscheidungen des 36-köpfigen Gremiums ist die Entsendung von derzeit sechs Publikumsräten in den Stiftungsrat des ORF. Laut geltendem ORF-Gesetz hat der Publikumsrat dabei "jedenfalls ein Mitglied aus den Bereichen der gesetzlich anerkannten Kirchen" für den Stiftungsrat zu bestellen. Damit ist bislang eine der wesentlichen Voraussetzungen zur Erfüllung des öffenlich-rechtlichen Auftrages des ORF gesetzlich gewährleistet, der im Rahmen des ORF-Programmauftrages "die angemessene Berücksichtigung der Bedeutung der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften" (§ 4 ORF-Gesetz) enthält.
Allerdings veranlasst eine zuletzt diskutierte Verkleinerung des Stiftungsrates, von der die jetzt vertretenen Kirchen betroffen wären, die Orthodoxe Bischofskonferenz in Österreich, ihre große Sorge zum Ausdruck zu bringen. Anstelle der offensichtlich angestrebten Verkleinerung wäre vielmehr eine Vergrößerung des Stiftungsrates um Vertreter der anderen christlichen, in Österreich historisch gewachsenen Kirchen anzustreben, was der religiösen und gesellschaftlichen Vielfalt des Landes im 21. Jahrhundert entsprechen würde. Mit dem möglichen Verlust des Entsendungsrechtes für die Bereiche Wissenschaft, Kunst und Religion würde die zivilgesellschaftliche Präsenz im öffentlich-rechtlichen Rundfunk in jedem Falle massiven Schaden nehmen.
Eine für Mittwoch, 26. März 2014, geplante Beschlussfassung des Nationalrates zur Novellierung des ORF-Gesetzes, der bedauerlicherweise von Seiten der Regierungsparteien keinerlei Konsultationen der gesetzlich anerkannten Kirchen und Religionsgesellschaften vorausgegangen sind, müsste daher in Wahrung des ORF-Stiftungsgedankens und des ORF-Programmauftrages Sorge dafür tragen, dass auch weiterhin die maßgeblichen Gruppen der Zivilgesellschaft per Gesetz im Stiftungsrat des ORF vertreten sind.
Die Orthodoxe Bischofskonferenz in Österreich appelliert daher an das zuständige Ressort und an die Regierungsparteien, alle entsprechenden Veranlassungen zu treffen, um der Religion im öffentlichen Raum auch weiterhin jenen Stellenwert einzuräumen, der eine Sicherung der Meinungsvielfalt bzw. des ungehinderten Zugangs zur Öffentlichkeit für Religionen und Weltanschauungen sowohl im Interesse der Religionsgemeinschaften als auch des Staates garantiert.
† Erzbischof Dr. Arsenios Kardamakis
Metropolit von Austria
Vorsitzender der Orthodoxen Bischofskonferenz in Österreich